Interview: „Es ging um die Sicherheit von Menschen“
Als die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernahmen, war für die Produkthaftungsrechtlerinnen Nicole Saurin und Katrin Weixlgartner klar, dass sie helfen wollen. Die Gelegenheit dazu ergab sich, als sich die Frauenrechtlerin Shannon Galpin bei ihrer Kanzlei Hogan Lovells meldete. Gemeinsam mit Partnerin Ina Brock halfen die beiden Anwältinnen ihr, die Familie einer afghanischen Radsportlerin nach Deutschland zu holen. Darüber sprechen sie im dritten Teil unserer Mini-Reihe zur Pro-Bono-Arbeit.
Zakia Mohammadi war als eine der ersten Radsportlerinnen in Afghanistan aufgetreten. Unter den Taliban ist es Frauen jedoch streng verboten, Rad zu fahren. Während Zakia Mohammadi bereits in Deutschland war, befand sich ihre Familie in Afghanistan noch in großer Gefahr. Frauenrechtlerin Shannon Galpin, die sich für die Mobilität der Frauen in Afghanistan einsetzt, wandte sich mit einer Bitte um Unterstützung an Hogan Lovells.
azur: Wie haben Sie es geschafft, die afghanische Familie von Zakia Mohammadi nach Deutschland zu bringen?

Katrin Weixlgartner: Wir haben zunächst in Erfahrung gebracht, welche Behörden für sie zuständig waren. Dabei haben wir schnell gemerkt, dass die Liste für Aufnahmezusagen zentral ist. Bei allen Personen, die auf der Liste stehen, verbürgt sich Deutschland dafür, dass sie aufgenommen werden. Dazu zählten vor allem ehemalige Ortskräfte, die Mitglieder der Familie Mohammadi fielen als Aktivisten aber unter die Gruppe anderer gefährdeter Personen. Als alle rechtlichen Fragen geklärt waren und die Familie auf der Liste stand, gab es immer noch die logistische Herausforderung, sie nach Pakistan zu bringen. Dabei war das Netzwerk der Frauenrechtsaktivistin Shannon Galpin entscheidend, denn sie arbeitet seit über zehn Jahren mit Afghaninnen und Afghanen zusammen.
Welche Ihrer rechtlichen Kenntnisse konnten Sie in dem Fall einsetzen?
Nicole Saurin: Wir sind keine Fachanwältinnen für Asylrecht, sondern auf Produkthaftungsthemen spezialisiert. Aber uns kam zugute, dass wir wissen, wie Krisenmanagement funktioniert. Wir sind darauf geschult, schnell zu reagieren, wenn es um Produktrückrufe geht. Und so sind wir losmarschiert und haben mit einem pragmatischen Ansatz alles in Bewegung gesetzt, um die Familie in Sicherheit zu bringen.

Was war die größte Herausforderung an der Pro-Bono-Arbeit für Familie Mohammadi?
Katrin Weixlgartner: Am schwierigsten fand ich weder das Rechtliche noch das Logistische, sondern das Emotionale. Das war eine reine Gefühlsachterbahn. Es gab ein oder zwei Wochen, in denen wir dachten: „Heute schaffen wir es über die Grenze.“ Dann hat sich die Hoffnung doch zerschlagen und wenig später ist sie wieder aufgekeimt.
Und was hat den Fall von ihrer alltäglichen Mandatsarbeit unterschieden?
Katrin Weixlgartner: Normalerweise haben wir in der Großkanzlei mit Rechtsabteilungen zu tun, mit Menschen, die ihren Job machen und danach in den Feierabend gehen. Für Familie Mohammadi, deren Leben und Sicherheit auf dem Spiel standen, war es naturgemäß eine sehr emotionale und sehr persönliche Angelegenheit.
Mehr über die Rettung der Familie Mohammadi und die Arbeit der Frauenrechtlerin Shannon Galpin erfahrt ihr in dem Video von Hogan Lovells.