Gehaltsplus bei Clifford, Familienplus bei Noerr
Rund ein Fünftel der Kanzleien hat zum Jahreswechsel die Gehälter ihrer angestellten Anwältinnen und Anwälte erhöht oder ein Gehaltsplus angekündigt. Das ergibt ein Vergleich der azur-Gehaltstabellen zwischen November 2023 und Januar 2024, die die Angaben von knapp 200 Wirtschaftskanzleien enthalten.
Unter den Mehrzahlern sind große internationale Sozietäten wie Clifford Chance, Latham & Watkins oder Hogan Lovells, aber auch zahlreiche kleinere, eher mittelständisch orientierte Kanzleien. Mit den Aufschlägen, die in der Regel zwischen 10 und 15 Prozent liegen, setzt sich der Trend der letzten Jahre weiter fort.
Unter den Großen hat Clifford Chance soeben für das neue Geschäftsjahr, das im Mai beginnt, eine Erhöhung angekündigt. Der Aufschlag fällt üppig aus, denn er betrifft nicht nur die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger, die dann 155.000 statt 140.000 Euro bekommen. Angehoben werden sämtliche sieben Gehaltsstufen angestellter Anwälte und auch die Vergütung der Counsel sowie der Transaction Lawyer. Mithin kommen deutlich über 200 Juristinnen und Juristen bei Clifford Chance in den Genuss einer Erhöhung. Zuvor hat die Kanzlei bereits ihr auslastungsabhängiges Bonussystem auf die jüngeren Associates ausgedehnt und schließlich zum Januar 2024 die Vergütung für wissenschaftliche Mitarbeit und im Referendariat erhöht.
Millionen Euro investiert
In den azur-Associate-Umfragen der letzten Jahre haben die Clifford Chance-Teilnehmenden das Gehaltsniveau ihrer Kanzlei nie besonders harsch kritisiert. Die Kanzlei konnte in der Innenansicht der Associates immer mit ihrer Internationalität, einem guten Betriebsklima und einem ausgefeilten Weiterbildungsprogramm punkten. Allerdings gab es zuletzt Stimmen, die beim Gehaltsvergleich mit direkten Wettbewerbern aus dem sogenannten Magic Circle der UK-Großkanzleien Nachholbedarf sahen: „Wir haben doch den Anspruch, zu den Besten zu gehören.“
Für die Kanzlei bedeutet das Gehaltsplus eine Investition von mehreren Millionen Euro pro Jahr. Das zeigt ein Rechenbeispiel. Denn allein die rund 60 Neueinstellungen, die Clifford für 2024 plant, schlagen in der Summe mit 9,3 Millionen Euro zu Buche. Das sind rechnerisch 630.000 Euro mehr, als die Neueinstellungen noch 2023 gekostet hätten. Allerdings konnte die Kanzlei in den vergangenen Jahren auch ordentliche Produktivitätssteigerungen vermelden. Laut JUVE-Berechnungen lag dieser Zuwachs bei 8,6 Prozent (im Zweijahresvergleich 2022/23 zu 2020/21). Cliffords Gesamtumsatz betrug zuletzt 205 Millionen Euro.
Noerr fördert Mütter und Väter
Die Kanzlei Noerr hat zum Jahreswechsel die Gehaltsspanne für Berufsneulinge durch die Einführung eines Signing-Bonus auf bis zu 150.000 Euro angehoben. Doch Noerr setzt zur Steigerung ihrer Attraktivität noch auf ein anderes Mittel. Die Kanzlei hat für Mütter und Väter Zusatzangebote etabliert, die über das reguläre Elterngeld und die Elternzeit hinausgehen.
Der sogenannte Family Track sieht die Fortzahlung von 50 Prozent des Gehalts während einer Elternzeit von sechs Monaten und den anschließenden stufenweisen Wiedereinstieg vor – zunächst in einer subventionierten Teilzeit von bis zu sechs Monaten, laut Kanzlei „ohne unternehmerischen Druck und mit unbegrenzter Möglichkeit zum Homeoffice“. Auch die Teameinbindung aller Anwältinnen und Anwälte während der Elternzeit soll gefördert werden. In der Elternzeit ist die Teilnahme an Fortbildungen möglich, und Noerr genehmigt außerdem zwei Wochen bezahlten Sonderurlaub für die Kita-Eingewöhnung oder Einschulung der Kinder, soweit es der Einzelfall erfordert.