Diversity-Vorbilder im Rechtsmarkt

Am internationalen Tag gegen Homo, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit machen sich mehr als 100 LGBTIQ+-Vorbilder in der Rechtsbranche für Gleichberechtigung stark. Sie wollen zeigen, dass erfolgreiches juristisches Arbeiten unabhängig von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität möglich ist. Eine Auswertung der azur-Associate-Umfrage zeigt, wie Associates die gelebte Diversität in ihrem Umfeld wahrnehmen.

Die Kampagne #GesichtZeigen macht LGBTIQ+-Vorbilder in der Rechtsbranche sichtbar. Über 100 Personen der queeren Community, die erfolgreich juristisch tätig sind, haben sich in diesem Jahr erneut in die Liste des Karrierenetzwerks ALICE eingetragen. Sie wollen damit zum vierten Mal in Folge mehr Offenheit im Rechtsmarkt fördern und anderen Mut machen, die eigene Identität am Arbeitsplatz nicht zu verstecken. Dazu gehören Anwältinnen, Unternehmensjuristen, Richterinnen sowie juristische Fachangestellte. Die Initiatoren wollen mit der Aktion zeigen, „dass ein freies und erfolgreiches Arbeiten unabhängig von der eigenen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität möglich ist“.

Der 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit. An dem Aktionstag engagieren sich weltweit Organisationen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung. Erinnert wird auch daran, dass die WHO Homosexualität erst vor 33 Jahren, am 17. Mai 1990, von der Liste psychischer Erkrankungen gestrichen hat.

Diversity in Wirtschaftskanzleien

Laut den Erhebungen von ALICE gaben 44 Prozent der LGBTIQ+-Community an, in den letzten 12 Monaten Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Detaillierte Daten für die Rechtsbranche liegen nicht vor. Doch gerade bei den großen, internationalen Wirtschaftskanzleien sensibilisieren sich Personalverantwortliche zunehmend für das Thema Diversity. Mit internen, teils kanzleiweiten Aktionen werben sie für Toleranz und Gleichstellung und wollen möglicher Diskriminierung vorbeugen. Die meisten Kanzleien haben außerdem die Charta der Vielfalt unterzeichnet.

Associates in Wirtschaftskanzleien vergeben in der azur-Associate-Umfrage 2022 für die Gleichbehandlung unabhängig von der sexuellen Orientierung erstmal ziemlich gute Noten. Stellungnahmen einzelner Associates fallen jedoch durchaus gegensätzlich aus. So meint ein Associate, über Diversity müsse man nicht ständig reden, da man längst divers sei. Ein Umfrageteilnehmer kritisiert das eigene Arbeitsumfeld: „Man hält sich für divers, ist aber im Marktvergleich sehr weiß und männlich.“ Ein weiterer gibt zu bedenken, er könne Diskriminierung nicht wirklich beurteilen, da seines Wissens an seinem Standort nur „weiße heterosexuelle Menschen ohne Migrationshintergrund“ arbeiten.

Noch keine Gleichstellung

Für Arbeitgeber ist sicherlich die Leistung der angestellten Anwältinnen und Anwälte entscheidend, nicht das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung. Doch heißt das nicht, dass Frauen, queere Menschen, People of Colour oder Personen mit nicht-deutschen Nachnamen die gleichen Karrierechancen haben wie andere. Allein der niedrige Frauenanteil in der Equity-Partnerschaft in Kanzleien zeigt, dass in Sachen Gleichstellung noch ein langer Weg zu gehen ist. Bislang gelingt es nur marginal, Führungspositionen divers zu besetzen, um damit auch langfristiger Chancengleichheit zu fördern. Der ‚unconscious bias‘ – die unbewusste Voreingenommenheit gegenüber Personen, die anders sind als man selbst – taucht an vielen Stellen auf. Beispielsweise auch bei der unbewussten Diskriminierung bei der Notenvergabe im Staatsexamen.


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