Für die Zukunft qualifiziert? Studie benennt Lücken im Jurastudium

In einer Umfrage des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) unter Juraprofessorinnen und -professoren haben diese die wichtigsten Schlüsselqualifikationen benannt, die sie in ihren Veranstaltungen vermitteln. Kritisches Denken mit 90 Prozent sowie Problemlöse- und Urteilskompetenz (73 bzw. 64 Prozent) führen die Liste an.

Entscheidungskompetenz liegt mit 45 Prozent an vierter Stelle, gefolgt von Kommunikation mit nur noch 30 Prozent. Der besondere Nutzen dieser fünf Schwerpunkt-‚Skills‘ für juristische Berufe ist wenig überraschend. Aussagekräftig werden die Antworten allerdings vor dem Hintergrund, dass in der Befragung insgesamt 22 Kompetenzen zur Auswahl standen. Diese sogenannten ‚Future Skills‘ – manchmal auch als ‚21st Century Skills‘ bezeichnet – stammen aus drei wissenschaftlich erarbeiteten Kategorien namens ‚Klassische Kompetenzen‘, ‚Transformative Kompetenzen‘ und ‚Digitale Schlüsselkompetenzen‘.

Auf sämtliche digitale Skills legen die befragten Jura-Lehrenden bislang sehr wenig Wert. Zwar haben auch andere Fächer in diesem Kompetenzbereich einigen Nachholbedarf, allerdings ist die Lücke im Fach Rechtswissenschaft am eklatantesten. Die Skills mit Bezeichnungen wie ‚digitale Kollaboration‘, ‚digitale Ethik‘ und selbst ‚digitales Lernen‘ kommen so gut wie gar nicht vor. Immerhin erhält die klassische, nicht digitale Lernkompetenz einen hohen Stellenwert zugewiesen.

Kompetenzen für eine Welt im Wandel

Doch es tut sich nicht nur eine digitale Lücke auf. Auch die der Definition nach ‚transformativen‘ Fähigkeiten der Juristinnen und Juristen werden der Bestandsaufnahme des CHE zufolge nur wenig geschult. Mit transformativen Kompetenzen werden Skills benannt, die zur Erkenntnis und Gestaltung des beschleunigten gesellschaftlichen Wandels nötig sind. Bei den Juristen wird allenfalls die Dialog- und Konfliktkompetenz gefördert, so die Studie. Innovations- und Veränderungskompetenz sowie das Stichwort ‚Missionsorientierung‘ kommen kaum vor.

Der letztgenannte Begriff beschreibt die Fähigkeit, Menschen für eine Idee zu gewinnen. Eine Mission zu transportieren, würden vermutlich viele Juristinnen und Juristen von sich weisen. Aber es geht dabei nicht nur um die eigene Darstellung von sinnhaftem Arbeiten. Es handelt sich auch um eine Führungskompetenz auf breiterer Basis. Die Fähigkeit, Begeisterung zu wecken wird auch von Teamleitern und erst recht von Kanzleimanagern gebraucht und erwartet.

Teamarbeit nicht so wichtig

Leider tut sich auch bei den im Arbeitsleben wichtigen Punkten Kollaboration und Kommunikation eine Lücke auf: Teamarbeit wird als Skill für Juristinnen und Juristen aufseiten der Hochschulen fast gar nicht gefördert. Kommunikation hingegen hat einen höheren Wert, allerdings nicht, wenn es speziell um ‚interkulturelle‘ Kommunikation geht. Kein Wunder, dass die Förderung von Diversität in Kanzleien auf eine hohe Hürde stößt. Das bestätigt sich auch in der jährlichen azur-Associate-Umfrage: Die Zufriedenheit mit der internen Kommunikation in Kanzleien ist relativ schlecht.


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