Dynamik mit Steuern – Teil 1

Wer Karriere in der Steuerbranche machen will, lebt aktuell in guten Zeiten. Nachwuchskräfte sind heiß begehrt, entsprechend bemüht sind die Steuerberatungsgesellschaften. Sie locken mit guter Ausbildung, realistischen Aufstiegschancen und Work-Life-Balance. Nur aus dem Gehalt machen die Arbeitgeber ein Geheimnis.

Bei der Wahl des richtigen Arbeitgebers wägen Berufseinsteiger viele Faktoren gegeneinander ab. Das gilt für Associates, die Karriere in einer Wirtschaftskanzlei machen möchten, und ebenso für angehende Steuerberater. Eines der zentralen Kriterien bei der Arbeitgeberwahl ist das Gehalt. Allerdings gehen Steuerberatungsgesellschaften damit weniger offen um als Wirtschaftskanzleien. Während sich Associates heutzutage einen sehr guten Überblick über das Gehaltsgefüge in unterschiedlichen Kanzleitypen – von Großkanzlei über Mittelstandssozietät bis zur Spezialeinheit – verschaffen können, erfahren viele angehende Steuerberater erst im Bewerbungsgespräch, mit welchem Gehalt sie in welcher Steuerberatungseinheit rechnen können.

Diese Intransparenz bestätigen auch Recherchen der azur-Redaktion sowie die Ergebnisse der aktuellen JUVE-Steuerexperten-Umfrage, an der mehr als 2.000 Personen teilgenommen haben. Diejenigen, die vermeintlich wenig zahlen, wollen im Wettbewerb um die immer seltener werdenden Talente nicht ins Hintertreffen geraten. Aber auch die Tatsache, dass Mitarbeitende einer Gesellschaft an einzelnen Standorten unterschiedlich vergütet werden, trägt dazu bei, dass Gehälter im Steuerberatermarkt bisher selten thematisiert werden. Die abweichende Vergütung begründen viele Einheiten mit den Lebenshaltungskosten, die sich je nach Stadt sehr stark unterscheiden. Gerade die Big-Four-Gesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PricewaterhouseCoopers, die größten Beratungshäuser, als auch die sogenannten Next Six – ihre Verfolger – haben teils viele Standorte auch jenseits von Großstädten wie Hamburg, München oder Berlin. Auch viele Anwaltskanzleien haben über Jahre eine standortabhängige Vergütungspolitik betrieben, die meisten zahlen aber mittlerweile einheitliche Einstiegsgehälter. Unterschiede in der Bezahlung ergeben sich aus den jeweiligen Zusatzqualifikationen wie Promotion oder Fremdsprachenkenntnisse, die manche Bewerber mitbringen.

Basierend auf Kanzleiangaben starten die Einstiegsgehälter ohne Steuerberaterexamen bei rund 45.000 Euro. Mit dem Beraterexamen in der Tasche zahlen Steuerkanzleien Gehälter ab 65.000 Euro. Mit steigender Berufserfahrung und zusätzlichen Qualifikationen sind Gehälter um die 120.000 Euro im Jahr möglich. Die Angaben in der JUVE-Steuerexperten-Umfrage liegen zumindest beim Einstiegsgehalt noch etwas niedriger. Hier geben Teilnehmende Jahresgehälter ab 33.000 Euro an. Basierend auf den Angaben, die Teilnehmende aus den zehn großen Beratungshäusern in der Steuerexperten-Umfrage gemacht haben, läge das durchschnittliche Gehalt eines Steuerexperten demnach bei rund 85.200 Euro.

Foto: Grant Thornton
Berufserfahrung und Leistung zählen: Alina Senff setzt in der Grant Thornton-HR-Abteilung auf ein flexibles Gehaltsmodell.

Mit ihrem Gehalt sind die Umfrageteilnehmenden grundsätzlich zufrieden, in den Big Four tendenziell eher als in den Next Six. Ausnahme: KMPG. Hier liegen die Werte klar unter dem Durchschnitt. Bei den Next Six sticht Forvis Mazars heraus. Hier kritisieren Mitarbeitende vor allem, dass ihr Gehalt „nicht mehr marktüblich“ und in den vergangenen sechs Jahren nur minimal gestiegen sei.

Was die Teilnehmenden über alle Gesellschaften hinweg aber klar bemängeln, ist die mangelnde Transparenz. Das sei schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. „Gehaltsstrukturen sollten transparenter gemacht werden, dies dient der Einordnung innerhalb des Unternehmens“, heißt es mitunter. Auch in Bezug auf die individuelle Lebensplanung sei Gehaltstransparenz wichtig. So fordert jemand, der Job solle attraktiver gestaltet werden, indem Aufstiegschancen mit gutem Gehalt trotz Familienplanung aufgezeigt werden.

Allerdings entscheiden sich auch immer mehr Gesellschaften für die geforderte Transparenz und legen ihre Gehälter zumindest teilweise offen. RSM Ebner Stolz, Grant Thornton und auch PwC veröffentlichen die Gehälter, die sie Berufseinsteigern beziehungsweise Steuerberatern zahlen (Gehaltsabrechnung). Wichtig dabei: „Natürlich sind das grobe Richtlinien, die im Einzelnen sehr individuell und auf die Berufserfahrung und Leistung ausgestaltet sind“, sagt Alina Senff, verantwortlich für Recruiting und Personalmanagement in der Next-Six-Einheit Grant Thornton. Für die geforderte Transparenz sollten Steuerberaterkanzleien offen sein. Denn das Gehalt gilt laut Steuerexperten-Umfrage als potenzieller Wechselgrund Nummer eins. Zwar sind die Steuerexperten ihrem Arbeitgeber gegenüber meist treu, ein Drittel der Befragten kann sich jedoch vorstellen, für ein höheres Gehalt den Arbeitgeber zu wechseln.

Gehaltslücke bei Anwälten und Steuerberatern

Vergleicht man die Gehälter von Steuer- und Rechtsmarkt miteinander, so wird eine Lücke zwischen beiden Branchen sichtbar. Denn schon kleinere, meist regionale Anwaltskanzleien zahlen zum Berufseinstieg so viel wie die größeren Steuerberatungen. Große und vor allem internationale Kanzleien aber haben Einstiegsgehälter, die mittlerweile an der Marke von 200.000 Euro kratzen. Das kritisieren vor allem Teilnehmende an der Umfrage, die in einer multidisziplinären Kanzlei arbeiten, also dort, wo Anwälte und Steuerberater unter einem Dach tätig sind: „Leider herrscht eine Zweiklassengesellschaft zwischen Steuerberatern und Rechtsanwälten. Die großen Gehaltsunterschiede sind einer modernen Kanzlei nicht würdig“, findet ein Teilnehmer.

Hier geht es zu Teil 2: https://www.azur-online.de/gehalt/dynamik-mit-steuern-teil-2/


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