Berufseinstieg: Französische Juristen sehen Probleme, nicht nur beim Gehalt

In einer neuen Studie haben sich rund 3.000 französische Nachwuchsjuristen kritisch zu ihren beruflichen Perspektiven geäußert. Knapp die Hälfte sehen ihre berufliche Zukunft mit großen Fragezeichen – nicht nur, weil sich angesichts eines großen Ansturms auf juristische Berufe das Einstiegsgehalt über die Jahre abgesenkt hat.

Nur 7,5 Prozent der Berufseinsteiger haben einen monatlichen Nettoverdienst von über 4.000 Euro, das entspricht ungefähr einem Jahresbruttogehalt von über 62.000 Euro. Damit hat sich der Anteil der Gutverdiener innerhalb von vier Jahren deutlich verringert. 2010 ergab eine andere Umfrage einen Anteil von 28 Prozent der Jungjuristen in dieser Gehaltsliga. Mit den Arbeitsbedingungen sind die angestellten Anwälte hingegen zufrieden. Sie arbeiten zwischen 9 und 11 Stunden pro Tag, nur 18,4 Prozent arbeiten über 11 Stunden pro Tag.

Scharfe Konkurrenz beim Berufseinstieg

Eine Entschärfung der Konkurrenz ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Die Studierendenzahlen steigen, rund 200.000 junge Französinnen und Franzosen sind in einen juristischen Studiengang eingeschrieben. Innerhalb von zehn Jahren ist deshalb allein in Paris ein Anstieg der Anwaltszahlen um über 10.000 zu erwarten. Dann gäbe es in der Hauptstadt 35.000 Rechtsanwälte.

An Paris geht für Frankreichs Juristen kein Weg vorbei.

An Paris geht für Frankreichs Juristen kein Weg vorbei.

Schon jetzt schon belegt die Pariser Kammer mit über 40 Prozent aller Anwälte den absoluten Spitzenplatz in Frankreich. Lyon als Nummer zwei zählt nicht einmal 3.000 Anwälte.

Paris bietet die beste Ausbildung

Der Run auf Paris hat auch einen Hintergrund im Ausbildungssystem. Die regional verteilten, an die jeweiligen Anwaltskammern angeschlossenen Anwaltsschulen (centres de formation) sind qualitativ sehr unterschiedlich. Sie sollen nach dem Universitätsabschluss den Übergang in den Beruf erleichtern.

Die Hauptkritik der Umfrageteilnehmer entzündet sich an der Tauglichkeit der Schulen für die Karriere. Vor allem helfen sie wenig beim praktischen Berufseinstieg und schon gar nicht bei der Jobsuche. Den besten Ruf und die besten Kontakte zur Praxis hat das centre de formation an der Pariser Anwaltskammer, deswegen zieht es vor allem die ambitionierten Uni-Absolventen dorthin. (Markus Lembeck)


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