Wie Jura den weiblichen Nachwuchs verliert

Von 63 Prozent auf 14 Prozent: Zu Beginn des Jurastudiums sind Frauen deutlich in der Überzahl. Eine Generation später, als Kanzlei-Teilhaber, sind die Männer fast unter sich.

Im Studienfach Rechtswissenschaften liegt der Frauenanteil bei 59 Prozent. Dies zeigt eine Auswertung von Zahlen des Statistischen Bundesamtes durch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Die Angaben stammen aus dem Wintersemester 2023/24, insgesamt 136.051 Studierende wurden im rechtswissenschaftlichen Studienbereich gezählt. Damit ist Jura bundesweit das viertpopulärste Gebiet nach Wirtschaft, Informatik und Maschinenbau/Verfahrenstechnik.

Im ersten Semester: 63 Prozent Frauen

Am höchsten ist der Anteil von Jurastudentinnen im ersten Semester: Unter den 16.795 Jura-Anfängern lag der Frauenanteil bei 63,2 Prozent. Dabei bleibt es im Verlauf des Studiums nicht. In der Kette der Statistiken in Richtung Staatsprüfungen geht der erwähnte Frauenanteil von 59 Prozent der Studierenden allerdings nur leicht zurück. Die erste Prüfung absolvieren 8.765 Studierende mit Erfolg, 58,1 von ihnen sind Frauen. Ihr Anteil liegt in der zweiten Staatsprüfung bei 57,6 Prozent. Im Vorbereitungsdienst zählt das Bundesamt für Justiz dann 57,9 Prozent Referendarinnen.

In der Anwaltschaft: 37 Prozent Frauen

Von diesem Zahlenverhältnis ist die Anwaltschaft weit entfernt. Anfang 2024 waren laut Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer insgesamt 165.776 Rechtsanwälte zugelassen, davon 61.491 Rechtsanwältinnen. Damit stieg der Frauenanteil auf 37,1 Prozent an. Besonders in den vergangenen zehn Jahren – also in einem Zeitraum, in dem die Gesamtzahl der Anwältinnen und Anwälte in Deutschland ein Plateau erreicht hat – ist der Frauenanteil gewachsen. Zum Vergleich: 1990, im Jahr vor der Wiedervereinigung, gab es in der alten Bundesrepublik gut 8.500 Rechtsanwältinnen, ihr Anteil lag bei 15,1 Prozent.

Zufällig stimmt der Frauenanteil von gut 37 Prozent in der gesamten Anwaltschaft mit einem speziellen Wert aus dem Kanzleienmarkt überein. Bei den führenden Wirtschaftskanzleien der JUVE Top-50 lag in den vergangenen Jahren der Frauenteil unter den Beförderungen bei 37 beziehungsweise 36 Prozent. Zu den Beförderungen, die hier gemeint sind, zählen der Aufstieg als Equity-Partner, Salary-Partner oder Counsel. Die Zahlen sind besser als in allen Jahren zuvor, allerdings wäre rein rechnerisch mehr drin: Unter den Berufsanfängern der Kanzleien sind Männer und Frauen in etwa gleich verteilt.

In Kanzlei-Partnerschaften: 14 Prozent Frauen

In der Chefetage der Wirtschaftskanzleien ist die Parität allerdings keine Realität. Die Vollpartner oder Teilhaber sind zu 86 Prozent Männer. Zwar machen viele Kanzleien Anstrengungen, den Frauenanteil in diesen Führungspositionen von den mageren 14 Prozent immerhin auf 20 Prozent oder mehr zu heben. Aber offenkundig ist dieses Vorhaben das schwierigste von allen.


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