Viele Wege führen in die Rechtsabteilung
Nach dem Referendariat starten viele ihre Karriere in einer Kanzlei. Doch auch große Konzerne mit ihren Rechtsabteilungen können eine interessante Alternative sein: Am liebsten stellen Personalverantwortliche zwar Neuzugänge mit etwas Berufserfahrung ein. Doch es bewegt sich etwas: Einige Unternehmen bieten mittlerweile eine Ausbildung auf Kanzleiniveau und gute Karriereperspektiven. Punkten können sie außerdem mit einer guten Work-Life-Balance.
Verschärfte Regulierung, ESG-Risiken, die unsichere Energielage sowie viele neue Gesetze werfen in Unternehmen neue Rechtsfragen auf. Gleichzeitig sind Inhouse-Juristinnen und -Juristen mit Themen wie Digitalisierung und Datenschutz, Lieferketten und Cyberangriffen beschäftigt. Um die komplexer werdenden Aufgaben zu bewältigen, benötigen die Unternehmen gutes Personal, wenn sie die Arbeit nicht vollständig an Kanzleien geben möchten. Wer eine Stelle als Syndikus anstrebt, hat daher gute Chancen.
Unternehmensluft schnuppern
Bereits in der Wahlstation im Referendariat kann jeder Einblick in die Arbeit einer Rechtsabteilung gewinnen. Für eine erfolgreiche Bewerbung als Syndikus ist dies jedoch kaum entscheidend. 69 Prozent der Unternehmen legen keinen besonderen Wert darauf, dass Berufseinsteiger bereits im Referendariat Inhouse-Erfahrung gesammelt haben. Das zeigt die Inhouse-Umfrage des JUVE Verlags, zu dem auch azur gehört. An dieser haben 224 Verantwortliche aus Rechtsabteilungen teilgenommen.
Die besten Chancen auf die begehrtesten Stellen in Unternehmen haben laut Umfrage Volljuristinnen und Volljuristen, die bereits in einem anderen Unternehmen gearbeitet haben. Für die Rechtsabteilungen bringen diese Neuzugänge den größten Mehrwert, weil sie sich mit der Arbeit auf Unternehmensseite auskennen und im Idealfall Fachwissen in dem entsprechenden Wirtschaftssektor erworben haben.

Aber auch Associates aus Kanzleien sind gefragte Expertinnen und Experten. General Counsel setzen sie gern für Spezialthemen ein, denn der Kanzleinachwuchs ist gut ausgebildet und hat in der Mandatsarbeit Fachwissen erworben. Nicht selten rekrutieren die Inhouse-Abteilungen Neuzugänge direkt aus den Kanzleien, die sie auch mandatieren, weil sie die Arbeitsweise der Anwältinnen und Anwälte dann schon kennengelernt haben. Manchmal ‚verleihen‘ Kanzleien auch ihre Associates für ein Secondment an ihre Mandantinnen – einige von ihnen entscheiden sich danach dauerhaft für eine Inhouse-Karriere.
Auch Unternehmen bilden aus
Wer nach dem zweiten Staatsexamen direkt im Unternehmen anfangen möchte, hat dazu jedoch auch Gelegenheit. Immerhin 11 Prozent der General Counsel geben in der Inhouse-Umfrage an, Berufseinsteiger direkt nach dem Referendariat einzustellen. Diese bringen zwar wenig Beratungserfahrung mit, Leitende in Rechtsabteilungen möchten Personal jedoch auch langfristig binden. Große Konzerne arbeiten daher seit einiger Zeit an ihrer internen Aus- und Weiterbildung und an Karrierewegen, die Perspektiven bieten.
Wer Lust hat, im Unternehmen Karriere zu machen, kann das also sowohl direkt nach dem Referendariat oder erst nach einigen Jahren Berufserfahrung umsetzen. Wechselwillige müssen sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die Gehälter der Syndizi deutlich unter Associate-Gehältern in den Top-Kanzleien liegen. Laut der JUVE-Inhouse-Umfrage 2022 verdienen Syndizi ohne Führungsaufgabe im Durchschnitt 85.000 Euro. General Counsel hingegen erhalten im Schnitt 140.000 Euro. Dafür punkten Unternehmen häufig mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, und die wöchentliche Arbeitszeit liegt oft unter der in Großkanzleien.