Trump vs. Big Law: Das Dilemma der US-Kanzleien

Deal or No Deal? Vor dieser Frage stehen zahlreiche US-Kanzleien, von denen allerdings immer mehr ein Abkommen mit der US-Regierung schließen. Bislang wehren sich nur wenige Kanzleien gegen die Angriffe des amerikanischen Präsidenten – für viele Associates ein Grund zur Empörung.

Seit Wochen vergeht kaum ein Tag, an dem US-Präsident Donald Trump keine Schlagzeilen mit Attacken auf den Rechtsstaat macht. Wer sich nicht so verhält, wie es sich die US-Regierung wünscht, muss mit massiven Konsequenzen rechnen. Mehrere sogenannte Executive Orders des US-Präsidenten richten sich gezielt gegen Kanzleien, die Verbindungen zu seinen Gegnern haben und früher bei Verfahren oder Ermittlungen gegen ihn beraten haben. Die Erlasse zielen darauf ab, Bundesverträge zu kündigen und Anwälten den Zugang zu Bundesgebäuden – darunter auch Gerichte – zu verwehren.

Doch damit nicht genug: Mitte März erhöhte die US-Regierung den Druck weiter und forderte 20 Kanzleien auf, bis Mitte April unter anderem persönliche Daten von Bewerberinnen und Bewerbern sowie von Anwältinnen und Anwälten offenzulegen, die in den vergangenen Jahren in die Partnerschaft aufgenommen wurden. Ihre Aufforderung begründete die Kommission für Chancengleichheit am Arbeitsplatz (Equal Employment Opportunity Commission) damit, vermeintliche Diskriminierung in den Diversity-Programmen der Kanzleien aufdecken zu wollen.

Big Law im Selbsterhaltungsmodus

Nicht alle Kanzleien wehren sich gegen Trumps Exekutivanordnungen. Im Gegenteil: Zahlreiche Kanzleien haben zuletzt öffentlich einsehbare Informationen, Bekenntnisse und Positionen zum Themenfeld Diversity, Equity & Inclusion (DEI) auf ihren Webseiten überarbeitet. Um drohende Anordnungen des Präsidenten abzuwenden, vereinbarten einige Großkanzleien sogar proaktiv einen Deal, darunter Paul Weiss Rifkind Wharton & Garrison, Skadden Arps Slate Meagher & Flom, Milbank und Willkie Farr & Gallagher. Das Muster ist dabei immer dasselbe: Die Kanzleien verpflichten sich, Pro-Bono-Leistungen zu erbringen und auf Diversity-Programme zu verzichten. Im Gegenzug sieht Trump von Sanktionen ab. So sagten etwa Paul Weiss und Skadden der US-Regierung Pro-Bono-Arbeit für insgesamt 340 Millionen Dollar in von Trump favorisierten Projekten und Organisationen zu.

Für viele Juristinnen und Juristen kommt dies einer Kapitulation des Rechts vor der Politik gleich. In einem offenen Brief an Kanzleimanager forderten mehr als 1.000 Associates aus unterschiedlichen Großkanzleien ihr Kanzleimanagement auf, Haltung zu zeigen. Und auch in den sozialen Netzwerken äußern sich mehrere ehemalige Mitarbeitende der betroffenen Kanzleien kritisch zu den Abkommen mit der Trump-Administration. Auf LinkedIn schrieb die Ex-Skadden-Anwältin Brenna Trout Frey: „Heute schickte der geschäftsführende Partner meiner ehemaligen Kanzlei uns allen ein ‚Update‘, mit dem er versuchte, einige der besten Köpfe der Anwaltschaft davon zu überzeugen, dass er uns einen Gefallen getan hat, indem er vor den Forderungen der Trump-Regierung nach Loyalität und Schutzgeld kapitulierte.“ Weiter heißt es: „Wenn Ihnen diese E-Mail wie ein feiger Versuch vorkommt, die Rechtsstaatlichkeit der Selbsterhaltung zu opfern, dann hoffe ich, dass Sie am Wochenende in sich gehen und sich mir anschließen, um eine Botschaft zu senden, dass dies inakzeptabel ist. … Wie einer meiner wortgewandteren ehemaligen Kollegen es ausdrückte: ‚Tun Sie nicht so, als sei das, was hier geschieht, normal oder entschuldbar. Das ist es nicht.‘“

Trump-Dekrete werden zur Gretchenfrage

Doch es gibt auch Kanzleien, die der Trump-Administration den Kampf angesagt haben und sich gegen die Anordnungen zur Wehr setzen. Perkins Coie, Jenner & Block und WilmerHale etwa gehen gerichtlich gegen die Regierung vor, nachdem Trump ihnen die sogenannte Sicherheitsfreigabe entzogen hatte. Unterstützt werden sie dabei unter anderem von über 500 Anwaltskanzleien. Neben Arnold & Porter, Crowell & Moring und Fenwick & West gehört Freshfields zu den namhaften Kanzleien, die den Antrag unterzeichneten.

Jüngst wurde zudem bekannt, dass die 20 Kanzleien, von denen Trump Informationen über die Diversity-Anforderungen von Mandanten verlangt, dieser Aufforderung nicht nachkommen wollen. „Es gehört zum Wesen unseres Berufs, dass wir keine Informationen über unsere Mandanten oder die Kommunikation mit unseren Mandanten preisgeben“, so der Washingtoner Anwalt Joshua Roffman in einem Gespräch mit Bloomberg Law. Mehrere große Unternehmen haben seit Jahren etablierte Diversitätsprogramme für externe Anwälte, die für mehr Vielfalt in den Beratungsteams sorgen sollen, darunter Microsoft, Amazon, Nike und Starbucks.

Nicht nur für Mandanten, auch für den juristischen Nachwuchs steht eines jedenfalls fest: Die Kanzleien werden sich künftig daran messen lassen müssen, wie sie im derzeitigen politischen Umfeld agieren. Wer gestern Diversitätsprogramme auf die Agenda gesetzt hat, nur um sie heute sang- und klanglos einzustreichen, der weckt Zweifel an seiner Integrität. Um diese Entwicklungen nachvollziehen zu können, hat eine Gruppe von US-Studierenden Anfang April einen Überblick ins Netz gestellt, welche Kanzlei wie auf den Regierungsdruck reagiert.

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