Mr. Arbeitskampf: Thomas Ubber im Porträt
Authentisch sein, gut zuhören und die andere Seite nie persönlich angreifen – das sind die Erfolgsgeheimnisse von Thomas Ubber. Trotzdem sieht er sich als „Kämpfer für eine Seite“.
Eigentlich wollte er Journalist werden, doch sein Cousin, damals Chefredakteur bei den Tagesthemen, riet ihm, er solle besser „etwas Anständiges“ machen. „Daraufhin habe ich Jura studiert“, erzählt Thomas Ubber (64) von seinen Anfängen. Auch dass er beim Arbeitsrecht landete, geschah eher zufällig. Mittlerweile blickt er auf eine bemerkenswerte Karriere und hat gerade seine eigene Arbeitsrechtskanzlei gegründet.
1990, nach dem Studium in Frankfurt, ging Ubber zunächst nach München zu Droste Kilius Triebel, der Vorgängerkanzlei von Lovells (heute Hogan Lovells). Als Associate durchlief er mehrere Rechtsgebiete, fing mit M&A-Transaktionen an und konzentrierte sich schließlich auf den gewerblichen Rechtsschutz. Zwei Jahre später kehrte er nach Frankfurt zurück, in das frisch eröffnete Büro von Droste. „Weil das Büro so klein war, musste jeder zwei Bereiche abdecken. Da habe ich mich für das Arbeitsrecht entschieden.“ Eine pragmatische Entscheidung mit Folgen: Schon 1993 kamen die ersten Testballons für die Deutsche Bahn und die Lufthansa – bis heute seine wichtigsten Mandanten.
Auch, dass er ausgerechnet im Tarif- und Arbeitskampfrecht landen würde, war Zufall. „Die Bahn kam mit einer Streiksache zu uns, und ich kannte das mit den einstweiligen Verfügungen aus dem gewerblichen Rechtsschutz. Daher hat das gut funktioniert“, erinnert sich Ubber. Was als zufälliger Auftrag begann, entwickelte sich zu einer Spezialisierung, die ihn über Jahrzehnte prägen sollte. Zu seinen größten Erfolgen zählt Ubber den Tarifkonflikt 2007/08 mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL): „Der Tarifkonflikt zog sich ewig gestreikt hin. Wir haben lange Streikmaßnahmen unterbunden und konnten einen guten Abschluss erzielen.“ Mit Claus Weselsky, dem langjährigen und streitbaren GDL-Chef, kam er persönlich übrigens immer gut klar: „Er war und ist sehr authentisch. Damit weiß man, wo man dran ist.“
Neben dem Arbeitskampf und Tarifverhandlungen beauftragen Mandanten Ubber oft mit Restrukturierungen. Auf die Frage, ob er sich als Arbeitgeberanwalt manchmal unwohl fühlt, wenn es um Stellenabbau geht, antwortet er differenziert: „Meistens nicht. Denn ich sehe, dass das Unternehmen nur dann eine Chance hat, die weiteren Arbeitsplätze zu sichern, wenn in einem bestimmten Rahmen Arbeitsplätze abgebaut werden.“ Schwieriger wird es für ihn in den konkreten Kündigungsschutzverfahren: „Wenn die Leute schon so lange dort sind, ist es nicht ganz einfach.“
Nachdem Ubber 21 Jahre lang unter der Flagge von Lovells mit Betriebsräten und Gewerkschaften verhandelte, wechselt er 2011 zu Allen & Overy (heute A&O Shearman). Wo zuvor die transaktionsbegleitende arbeitsrechtliche Beratung im Vordergrund gestanden hatte, sorgten Ubber und der kurz zuvor von Taylor Wessing gekommene Tobias Neufeld dafür, dass die Praxis wenige Jahre später auch in der originären arbeitsrechtlichen Beratung zu einer der führenden in Deutschland wurde. Kurze Zeit darauf wird Ubber globaler Leiter der Arbeitsrechtspraxis, später prägte er die strategische Ausrichtung der Kanzlei zunächst als Managing-Partner und anschließend als Senior-Partner.
Neue Herausforderung
Eine tolle, aber auch herausfordernde Erfahrung, wie Ubber im Nachhinein sagt: „Man hat ständig ein schlechtes Gewissen, dass man sowohl auf der Mandatsseite als auch auf Managementseite zu wenig macht. Das war auch für meine Familie eine harte Zeit“, erinnert er sich. „Zugleich hat mir die Managementerfahrung für meine Anwaltstätigkeit weitergeholfen. Man lernt, innerhalb kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen.“
Seine vorerst letzte große Entscheidung führte ihn nach 14 Jahren bei Allen & Overy aus dem Großkanzleikosmos hinaus. Mit einem Team, das zum großen Teil schon seit Jahren zusammenarbeitet – Dr. Bettina Schaff, Dr. Felicia von Grundherr, Beatrice Hotze – gründete er im Mai eine rein auf das Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei unter seinem Namen. „Es ist uns allen sehr wichtig, dass man gut miteinander klarkommt. Wenn wir jemanden einstellen, muss klar sein, dass wir nicht nur fachlich sehr gut zusammenarbeiten, sondern auch mal ein Glas Wein miteinander trinken – oder uns das zumindest vorstellen können.“
Arbeitsrecht pur in der Boutique
Eine spezialisierte Kanzlei ist seiner Meinung nach das Richtige für Anwältinnen und Anwälte, die originär arbeitsrechtlich tätig sein möchten. Denn für viele internationale Kanzleien rechnet sich das Stand-alone-Arbeitsrecht schlicht nicht mehr. Gerade wenn sich große Teile der Kanzlei in den USA befinden, erhöhen sich auch die Stundensätze in Europa – und dabei gehen viele Mandanten im Arbeitsrecht nicht mit. So konzentriert sich das Geschäft in vielen internationalen Praxen zunehmend auf die Begleitung von Transaktionen, grenzüberschreitenden Restrukturierungen oder internen Untersuchungen. Ubber betont trotzdem: „Zum Berufsanfang ist eine Ausbildung in einer Großkanzlei immer gut. Man arbeitet mit anderen Teams und Kollegen aus dem Ausland zusammen. Das ist förderlich, um seine Anwaltspersönlichkeit zu prägen.“
Noch mehr als die ersten Jahre als Associate hat Ubber jedoch eine für viele in dieser Generation übliche Grundhaltung seiner Eltern geprägt: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. „Dadurch habe ich einen gewissen Hang zum Perfektionismus“, gibt er zu. „Das belastet mich zum Teil, weil ich immer denke, erst muss der Schreibtisch leer sein. Das ist er aber nie.“
Schlüssel zum Erfolg
Wenn Ubber mal nicht arbeitet, entspannt er am besten, wenn er etwas zu tun hat: Segeln, Skifahren oder Musikmachen. Er spielt Gitarre und Sousaphon, eine Art überdimensionierte Tuba, den letzten öffentlichen Auftritt als Musiker hatte der Arbeitsrechtler vor rund eineinhalb Jahren. Den Namen seiner Skiffle-Band möchte er allerdings lieber für sich behalten.
Als Schlüssel zum Erfolg sieht Ubber vor allem keine Kompromisse bei der Qualität eingehen, Herausforderungen dankbar annehmen und sich – gerade als Berufsanfänger – auch mal ins kalte Wasser werfen lassen: „Nur so kann man lernen.“ Und besonders wichtig: „Ich möchte nur mit Mandanten arbeiten, mit denen die Zusammenarbeit Spaß macht.“
Auch wenn in seiner Karriere vieles zufällig geschah, in einem ist sich Ubber sicher: „Ich würde wieder nahezu alles genau so machen! Weil mir das wirklich richtig Spaß macht. Meine Frau ist Richterin, dieses Alles-gegeneinander- abwägen wäre nichts für mich. Ich bin der Kämpfer auf einer Seite.“