Mentoring für Syndizi
Wie lernt man, worauf es in einer Rechtsabteilung ankommt? Seit einem Jahr existiert ein Mentoringprogramm speziell für junge Inhouse-Counsel. Und das Programm ist nicht als Einbahnstraße gedacht.
Mentoring ist heute ein gut etabliertes Instrument, um Wissen weiterzugeben: Erfahrene Fachkräfte, die Mentoren, schulen dabei weniger erfahrene Personenm die Mentees – und das meistens leise und im Hintergrund. Das neue Mentoringprogramm des Bundesverbands der Unternehmensjuristinnen und Unternehmensjuristen (BUJ) hat einen besonderen Clou: Es sieht auch ein sogenanntes Reverse-Mentoring für Inhouse-Juristinnen und Juristen vor, sprich die Mentees coachen auch ihre Mentoren. „So können beide Seiten voneinander lernen und miteinander wachsen“, heißt es in der Ankündigung des Berufsverbandes.
Unterstützung für Young Professionals

Der Ursprung dieser Initiative liegt schon ein paar Jahre zurück: „Ich hatte 2021 noch bei Daimler die Idee, ein niederschwelliges Programm zu entwickeln, in dem Inhouse-Juristinnen und -Juristen sich unternehmensübergreifend in einem sicheren Rahmen Rat holen können und gecoacht werden“, berichtet Initiatorin Nicole Krug, die inzwischen in der VW-Gruppe arbeitet. „Viele Unternehmen haben tolle Führungskräfte- oder Leadership-Programme, aber nichts Vergleichbares für die Young Professionals in den ersten Berufsjahren.“
Teilnehmen am neuen Mentoring-Programm können nun Berufsanfänger und andere junge Legal Counsels als Mentees sowie erfahrenere Syndikusanwälte als Mentoren, also gut etablierte Senior Legals, Teamleiterinnen und General Counsel. Dadurch käme es zu einem „konstruktiven Erfahrungsaustausch und verschiedene Perspektiven auf unternehmensrelevante Fragestellungen“, erläutert Mentor Dr. Fabian Rösner, Head of Corporate & Finance Law bei E.On.
Das hat auch Mentee Johanna von Seckendorff gereizt, an dem Programm teilzunehmen: „Ich fand die Möglichkeit spannend, einen anderen, erfahrenen und gegebenenfalls branchenfremden Unternehmensjuristen kennenzulernen, sich austauschen zu können, und von seinen/ihren Erfahrungen lernen zu können“, sagt sie. „Ein Blick über die eigene Rechtsabteilung und das eigene Unternehmen hinaus ist immer interessant.“ Von Seckendorff ist für CRX Markets tätig, ein Fintech, das mit Finanzierungen und Verbindlichkeiten von Unternehmen handelt. „Ein solcher Austausch erweitert den eigenen Horizont enorm und ist für mich eine Inspiration sowohl für meine berufliche als auch die persönliche Weiterentwicklung.“
Die Herausforderungen eines Chefsyndikus kennenlernen

Auch Carsten Diehl kann als Mentee von den Erfahrung anderer BUJ-Mitglieder profitieren. Diehl arbeitet als Senior Legal Counsel bei Heraeus Business Solution, wo die Konzernfunktionen des hessischen Technologiekonzerns gebündelt werden. Er meint: „Zu erfahren, wie deren Lebens- und Karriereweg verlaufen ist und welche Herausforderungen sie dabei meistern mussten und welche Erfolge sie auf ihrem Weg feiern konnten, ist von unmessbarem Wert.“
Diehl konnte durch den regelmäßigen Austausch mit seinem Mentor Einblicke in dessen Aufgaben als General Counsel erhalten. „Für meine berufliche Weiterentwicklung, in der ich auch einmal eine Führungsrolle übernehmen möchte, helfen mir die persönlichen Ratschläge meines Mentors, um meine Ziele klarer zu definieren und die Schritte zu deren Erreichung besser planen zu können.“
6 bis 12 Monate Mentoring
Das Mentoring des BUJ ist zunächst auf einen Zeitraum von sechs bis 12 Monaten angelegt. Ein Leitfaden gibt den Teilnehmenden Tipps für die Mentoringtermine. Diese können themenabhängig zwischen 30 und 60 Minuten lang sein und auch überwiegend online stattfinden. Den Beteiligten wird ein Austausch alle 4-6 Wochen empfohlen.
Auch Dr. Jan Dworog, Legal Counsel im Board Office des Touristikkonzerns TUI Group, hatte sich als Mentee dazu angemeldet. „Ich wollte mit einer erfahrenen Person außerhalb meines Unternehmens besprechen können, wie sie aus ihrer Erfahrung heraus mit bestimmten Situationen im Beruf umgehen würde“, erläutert er seine Motivation dafür. „Mit meiner Mentorin kann ich all diese Dinge sehr vertrauensvoll und offen besprechen und profitiere von ihren Erfahrungen“, erzählt er. „Bereits nach wenigen Treffen mit meiner Mentorin hatte ich das Gefühl, dass ich verschiedene Situationen im Beruf aus einer anderen Perspektive betrachtet habe und daraus wertvolle Erkenntnisse für meine berufliche Entwicklung gewinnen konnte.“
Einen ausführlichen Bericht über das Mentoring-Programm findest du im azur Karrieremagazin 01/2025, das am 15. Mai erscheint.