Kommentar: Teilzeit nicht doppelt bestrafen
Teilzeitmodelle für Associates sind inzwischen weit verbreitet. Doch der Deal ist nicht immer fair. Kanzleien müssen mehr Aufwand in die Arbeitsorganisation stecken, meint Anika Krüger.
Teilzeit in Kanzleien bedeutet so viel Arbeit wie Vollzeit in anderen Branchen. Klingt erstmal nach einem schlechten Deal. Doch weil diese Arbeitszeiten in Wirtschaftskanzleien üblich sind, lassen sich viele Associates auf diesen Deal ein. Schließlich verdient man in den meisten Kanzleien als Associate auch bei einem auf 80 Prozent reduzierten Gehalt immer noch über 100.000 Euro im Jahr. So kommt es nicht überraschend, wenn der Nachwuchs als Reaktion auf eine Gehaltserhöhung erstmal flächendeckend Teilzeitarbeit anmeldet.
Wer erwartet, dass er bei den im Markt üblichen Einstiegsgehältern pünktlich um 18 Uhr den Stift fallen lassen kann, der ist blauäugig. Zwar sind manche Rechtgebiete weniger arbeitsintensiv als andere. Doch im Grunde bestimmt das Leistungsprinzip die Arbeitsbelastung und auch die Arbeitsmoral kanzleiweit. Wie also wirkt sich Teilzeit innerhalb der Kanzleikultur aus?
Teilzeit gleich Karrierepause?
In manchen Sozietäten bedeutet Teilzeit immer noch das Karriereabstellgleis. Wer Partner werden will, muss Höchstleistung zeigen, und das heißt: Feierabend ist erst dann, wenn der Mandant zufrieden ist, und nicht, wenn die Kinder von der Kita abgeholt werden müssen. Andererseits: Kanzleien können sich genau das in der Nachwuchsarbeit nicht mehr erlauben. Sie brauchen die nicht weniger gut qualifizierten und nicht weniger engagierten Teilzeitarbeitskräfte. Es ist nicht klug, diese mit einem geringeren Stundenlohn und verlängerten Partnertrack doppelt zu bestrafen. Klug wäre es, die Teamarbeit zu verbessern und mehr Aufwand in die Arbeitsorganisation und Belastungssteuerung zu stecken. Davon profitierten nämlich auch die bestverdienenden Vollzeit-Associates.