Juristen bei hybrider Arbeit fortschrittlich
Viel Tradition, wenig Innovation – Wirtschaftskanzleien gelten nicht unbedingt als Vorreiter, wenn es um ein modernes Arbeitsumfeld für ihre Juristinnen und Juristen geht. Doch in einem Punkt übertreffen die Kanzleien den Rest der deutschen Wirtschaft.
Laut einer aktuellen Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung sind Homeoffice-Tage in den deutschen Unternehmen mittlerweile fest verankert. Im Dienstleistungssektor arbeiten 34,1 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise von zu Hause aus, in der Gesamtwirtschaft ein knappes Viertel (24,1 Prozent). Selbst in kleinen und mittleren Unternehmen sind es 20,5 Prozent der Beschäftigten.
Unter Juristinnen und Juristen ist das Thema allerdings viel alltäglicher. Eine Auswertung der azur-Associate-Umfrage von 2023 ergibt, dass in Kanzleien und Rechtsabteilungen tatsächlich 71 Prozent der Anwältinnen und Anwälte teilweise im Homeoffice arbeiten. Rund 4.000 von ihnen haben auf die entsprechende Frage geantwortet und dabei auch Zahlen genannt: So ergibt sich in Kanzleien ein Durchschnitt von 1,8 Homeoffice-Tagen pro Woche. Unternehmensjuristen dürfen noch mehr: Mit 2,7 Homeoffice-Tagen sind die Teilnehmer über die Hälfte ihrer Arbeitswoche nicht im Büro.

Hybrid schmeckt nicht allen
Dieser Trend zum hybriden Arbeiten schmeckt nicht allen. Besonders in den Kanzleien und speziell unter den Partnern mehren sich nach dem Ende der Corona-Pandemie die Stimmen, die mehr Präsenz oder sogar die volle Zeit im Büro einfordern. Offensichtlich gilt es, Vor- und Nachteile abzuwägen. Die Zufriedenheit von Associates mit ihrer Work-Life-Balance sowie der Vereinbarkeit von Karriere und Familie liegt laut azur-Umfrage jedenfalls deutlich unter der Gesamtzufriedenheit.
Ifo-Experte Jean-Victor Alipour meint: „Es ist unbestritten, dass Präsenzarbeit dem Homeoffice in einigen Bereichen überlegen ist: etwa beim Transfer von Wissen, bei Kreativität in der Gruppe oder bei sozialen Aspekten.“ Eine stärkere Koordination von Bürozeiten zur Stärkung des persönlichen Austauschs sei durchaus sinnvoll. „Unsere Daten zeigen jedoch: eine Abschaffung des Homeoffice zeichnet sich keinesfalls ab.“