Juraxx-Insolvenz: Ehemalige Chefs müssen erneut vor Gericht

Das Dortmunder Landgericht muss noch einmal über die strafrechtliche Beurteilung der Insolvenz der Kanzleikette Juraxx entscheiden. Der Bundesgerichtshof hat die Freisprüche für den Kanzleigründer Eugen Boss und den ehemaligen Finanzvorstand aufgehoben und zur Neuverhandlung nach Dortmund zurückverwiesen.

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Freisprüche Revision eingelegt, über sechs Betrugsvorwürfe muss das Dortmunder Landgericht erneut entscheiden.

In dem Verfahren geht es um das Scheitern des Kanzlei-Franchisesystems Juraxx im Juni 2007. Die Kette war vier Jahre zuvor angetreten, in Deutschland erstmals Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten zu Discountpreisen anzubieten. Die Gesellschaft betrieb in ihrer besten Zeit 34 Zweigniederlassungen mit Rechtsanwälten an unterschiedlichen Standorten in der Bundesrepublik.

Die für Juraxx arbeitenden Rechtsanwälte wurden nicht als Angestellte tätig, sondern direkt in die Partnerschaft aufgenommen. Als Einlage mussten sie eine Zahlung von 50.000 Euro leisten, die als Darlehen deklariert war. Die Staatsanwaltschaft Dortmund warf dem Juraxx-Gründer Boss und dem ehemaligen Finanzvorstand vor, die Einlage auch dann noch verlangt zu haben, als sie längst von der finanziellen Schieflage des Unternehmens wussten. In erster Instanz konnten die Dortmunder Richter keine Betrugsabsicht erkennen.

Das Verfahren am Dortmunder Landgericht war erst acht Jahre nach der Juraxx-Insolvenz verhandelt worden – drei Jahre lang kam das Verfahren vor der überlasteten 33. Große Strafkammer nicht in Gang. Schließlich entschied eine eigens für diesen Fall eingerichtete Hilfsstrafkammer.

Vertreter Eugen Boss
Pauka von Dreden & Link (Köln): Julia von Dreden, Holger Link

Vertreter Finanzvorstand
Pauka von Dreden & Link (Köln): Benedikt Pauka

Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof
Eva Schübel (Oberstaatsanwältin bei der Bundesanwaltschaft)

Bundesgerichtshof, 4. Strafsenat
Beate Sost-Scheible (Vorsitzende Richterin)

Hintergrund: Die Kanzlei ist im Laufe des Verfahrens immer weiter ins Verfahren hinein gewachsen: Während Pauka seinen Mandaten schon seit dem Ermittlungsverfahren betreut, kam von Dreden erst zum Hauptverfahren in die Verteidigung – Boss ließ sich dem Vernehmen nach zuvor anderweitig vertreten. Am BGH holte man aus den eigenen Reihen noch die Unterstützung von Link dazu. Die Kölner Kanzlei hat einen ihrer Beratungsschwerpunkt im Insolvenzstrafrecht: Link, gleichzeitig of Counsel bei Rettenmaier & Adick, verteidigt derzeit auch im Prozess gegen die Ex-Führungsriege des Energieversorgers Teldafax vor dem Landgericht Bonn, ein Associate ist im Strafverteidiger-Team eines Angeklagten im S&K-Prozess eingebunden.

Richterin Sost-Scheible hat den Vorsitz der 4. Strafkammer im Juli 2013 angetreten. Zuvor hatte es mit dem bekannten Strafrichter Prof. Dr. Thomas Richter, inzwischen Vorsitzender des 2. Strafsenates, und dem BGH-Präsidenten Prof. Dr. Klaus Tolksdorf um den Vorsitz des 4. Strafsenates gegeben. Oberstaatsanwältin Schübel war bis zum vergangenen Jahr Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes. (Christiane Schiffer)


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