Im Insolvenzrecht sind die Tage länger
Viel Geld für viel Arbeit – das ist in vielen Wirtschaftskanzleien die Formel für Erfolg. Trotzdem lohnt ein genauer Blick. Denn eine Auswertung der aktuellen azur-Associate-Umfrage zeigt: Die Arbeitsbelastung hängt unmittelbar mit dem Rechtsgebiet zusammen, in dem junge Anwältinnen und Anwälte arbeiten.
Nine-to-five-Jobs sind in den meisten Wirtschaftskanzleien nicht Teil des Konzepts. Wer Unternehmen beraten und dafür entsprechend vergütet werden möchte, der muss für den Mandanten auch mal ein paar Stunden dranhängen. Wie viele Stunden Associates durchschnittlich arbeiten, hängt jedoch stark von dem Rechtsgebiet ab, auf das sie sich spezialisieren.
Im Durchschnitt sitzen junge Anwältinnen und Anwälte rund 52 Stunden pro Woche im Büro. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen azur-Associate-Umfrage, an der mehr als 3.800 Associates teilgenommen haben. Während 2022, in der Hochphase des Transaktionsmarktes, noch diejenigen das Feld anführten, die in Private-Equity- und M&A-Teams arbeiten, ziehen seit zwei Jahren die Wochenstunden in der Insolvenzberatung kontinuierlich an. Aktuell arbeiten Associates im Insolvenz- und Restrukturierungsbereich durchschnittlich 54,5 Wochenstunden und damit zweieinhalb Stunden länger als Anwältinnen und Anwälte in anderen Praxisgruppen. Der Grund für die steigende Arbeitsbelastung liegt auf der Hand: Immer mehr Unternehmen geraten aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Schieflage.
Außenwirtschaftsrecht überholt M&A
Massig Überstunden und Wochenenden am Schreibtisch galten lange Zeit als Schreckgespenst des Transaktionsgeschäfts, weil das zu Hochzeiten unter anderem von großem Zeitdruck geprägt ist. Den Rückgang bei vor allem großvolumigen und grenzüberschreitenden Transaktionen seit 2022 bemerken auch die Associates: Im Vergleich zu 2022 arbeiteten sie 2024 mit durchschnittlich fast 53 Wochenstunden zwar immer noch eine Stunde mehr als der Marktdurchschnitt. Dafür aber knapp anderthalb Stunden weniger als noch vor zwei Jahren.
Mehr Arbeit fiel dafür zuletzt bei den Außenwirtschafts- und Kartellrechtlern an. Sie sind es, die bei komplexen Transaktionen vermehrt regulatorische Stolpersteine aus dem Weg räumen müssen und mit Fusions- und Investitionskontrollen alle Hände voll zu tun haben. Auch mit Blick auf die massiv verschärften Russlandsanktionen brachte das Jahr 2024 insbesondere den Außenwirtschaftsrechtlern deutlich mehr Arbeit ein – im Schnitt sind es rund 54 Wochenstunden.
Unter 50 Arbeitsstunden pro Woche arbeiten Associates laut azur-Umfrage momentan lediglich im Versicherungs- und im Vergaberecht.