Hohe Wechselbereitschaft: 44 % der Associates in globalen Kanzleien denken an Abschied

Die Wechselbereitschaft der Associates ist ein wichtiges Stimmungsbarometer für Kanzleien. Eine JUVE-Analyse der azur-Umfrage zeigt nun: Besonders in globalen Kanzleien ist sie hoch. Gründe dafür sind auch das mangelnde Engagement für den Rechtsstaat und der Abbau von Diversity-Programmen.

Alarmierende Zahlen für globale Kanzleien: 44 Prozent ihrer Associates in deutschen Büros denken ernsthaft über einen Jobwechsel in den nächsten zwölf Monaten nach. Damit ist ihr Wechselwille signifikant höher als bei der Konkurrenz. In deutschen, britischen und US-amerikanischen Kanzleien liegt dieser Wert laut aktuellen Ergebnissen der azur-Associate-Umfrage bei jeweils nur 29 Prozent. Damit zeigt sich in den international breit aufgestellten Einheiten die mit Abstand größte Unzufriedenheit oder zumindest die stärkste Offenheit für neue berufliche Möglichkeiten.

Besonders sensibel reagieren Associates in globalen Kanzleien auf die politische Haltung und das gesellschaftliche Engagement ihres Arbeitgebers. Die Frage, ob mangelndes Engagement der Kanzlei gegen den Abbau des Rechtsstaates ein Kündigungsgrund ist, bejahen in globalen Kanzleien 23 Prozent der Associates. In US-Kanzleien teilen 20 Prozent diese Ansicht. Diese Werte heben sich deutlich von denen in deutschen (5 Prozent) und britischen Kanzleien (10 Prozent) ab.

Abbau von Diversity-Programmen: Nur in US- und globalen Kanzleien ein Kündigungsgrund

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Thema Diversity. Für 18 Prozent der Associates in globalen und 13 Prozent in US-Kanzleien ist der aktuelle Abbau von Diversity-Programmen ein Wechselgrund. In britischen (7 Prozent) und vor allem in deutschen (3 Prozent) Sozietäten ist dies kaum relevant.  

Die Daten legen nahe, dass Anwältinnen und Anwälte in international und US-geprägten Sozietäten aktuell deutlich feinfühliger auf die gesellschaftspolitische Positionierung ihres Arbeitgebers reagieren. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Problem dort präsenter ist: Während rund 73 Prozent der Befragten in deutschen Kanzleien angeben, dass ein Abbau von Diversity-Programmen bei ihnen nicht zutrifft, sagen dies in globalen (42 Prozent) und US-Kanzleien (41 Prozent) deutlich weniger. Dies ist vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den USA, wo die Regierung Kanzleien stark unter Druck setzt, kaum überraschend.

Auch eine Umfrage von ,American Lawyer‘ offenbarte zuletzt massive Kritik von US-Associates. Viele empfinden die politischen Positionierungen ihrer Arbeitgeber als heuchlerisch und kündigen Jobwechsel an. In einigen US-Kanzleien führte die Unzufriedenheit bereits zu prominenten Partner- und Associate-Abgängen.

Für die Mehrheit der Associates hierzulande spielt das gesellschaftliche Engagement ihres Arbeitgebers zwar offenbar noch eine untergeordnete Rolle und ist kein entscheidender Kündigungsgrund, wie die Auswertung der azur-Umfrage zeigt. Doch die Sensibilität für Wertefragen kann zukünftig steigen. Die hohe Wechselbereitschaft in globalen und US-Kanzleien ist alarmierend.

Diese Sozietäten sollten nicht nur an der generellen Mitarbeiterbindung arbeiten. Für sie wird es im Wettbewerb um Talente zunehmend wichtiger, eine klare und glaubwürdige Position zu Rechtsstaat und Vielfalt zu beziehen. Denn auch daran knüpfen viele Associates ihre Loyalität.


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