Europa im Blick: Allianz wählt neue Rechtsform

Die Allianz AG stellt sich neu auf: Als erstes großes deutsches Unternehmen wird der Konzern in eine Europa AG umgewandelt. Mit ihrer Umwandlung übernimmt die Allianz die Vorreiterschaft unter den großen europäischen Konzernen. Bisher war die seit Ende 2004 existierende Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft (Societas Euopeae, SE) bei den Unternehmen auf wenig Interesse gestoßen.

An dem aus Vorstand und Aufsichtsrat bestehenden zweistufigen Leitungssystem sowie dem Prinzip der paritätischen Mitbestimmung wird die Allianz festhalten. Allerdings soll der Aufsichtsrat von 20 auf 12 Mitglieder verkleinert werden; der Vorstand wird dafür internationaler: Fünf der künftig elf Vorstandsmitglieder kommen aus dem Ausland.

Der Münchner Versicherungsriese betritt mit dem aktuellen Umbau zum Teil Neuland, vertraut aber einmal mehr den altbewährten Architekten: Die Kanzlei Shearman & Sterling wird seit Jahren mandatiert. So berieten die Düsseldorfer Partner Thoma und Diekmann den Versicherer vor zwei Jahren beim Verkauf ihrer 40 Prozent Beiersdorf-Anteile für 4,4 Milliarden Euro und waren ebenfalls dabei, als die Allianz wenige Monate zuvor eine Kapitalerhöhung durchführte. Zudem hatte Shearman den Versicherer bei der Fusion mit der Dresdner Bank im Jahr 2001 begleitet.

Zeitgleich mit der Rechtsform-Umwandlung übernimmt der Versicherer seine italienische Tochtergesellschaft Riunione Adriatica Di Sicurta (RAS) für 5,7 Milliarden Euro. Zudem werden die bislang in Deutschland getrennten Versicherungseinheiten in einer neuen Deutschland Holding zusammengefasst.

Die Verschmelzung der RAS auf die Allianz, die an der Tochter bislang 55,5 Prozent hält, soll bis Sommer 2006 abgeschlossen sein. Der deutsche Versicherer will den Aktionären der RAS ein freiwilliges Barangebot unterbreiten, das durch die Unicredit abgewickelt wird. Zur Finanzierung die Transaktion wird eine Kapitalerhöhung in Höhe von 2,2 Milliarden Euro durchgeführt. Dafür platzieren die Deutsche Bank, Goldman Sachs und die zum Konzern gehörende Dresdner Kleinwort Wasserstein 21 Millionen Aktien. Der Rest der Summe wird über hybrides Kapital, Anleihen sowie eigene Mittel aufgebracht. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Behörden und einer außerordentlichen Hauptversammlung.

Im Gespräch mit dem „manager magazin“ erklärte der Hamburger Wirtschaftsrechtler Professor Dr. Michael Adams, mit der neuen Rechtsform verschaffe sich die Allianz die wertvolle Option, Deutschland zu verlassen: „Deutsche Fehlentwicklungen können nun von der Allianz sehr viel besser durch einen Wegzug gekontert werden.“ Der Konzern könne sich etwa der paritätischen Mitbestimmung entledigen, indem er im Anschluss an eine Sitzverlegung etwa nach Luxemburg eine Umwandlung in eine luxemburgische AG vollziehe. Adams hält eine Welle von SE-Umwandlungen bei großen deutschen AGs für denkbar. (René Bender, Markus Lembeck)

Berater Allianz
SHEARMAN & STERLING (Düsseldorf): Georg Thoma, Dr. Hans Diekmann, Dr. Roger Kiem (Frankfurt); Associates: Jan Schapmann, Dr. Markus Rieder (München), Dr. Stephan Brandes (Mannheim), Domenico Fanuele, Tobia Croff, Fabio Fauceglia (alle Rom)
INHOUSE (München): Dr. Peter Hemeling (aus dem Markt bekannt), weitere nicht bekannt

Berater Deutsche Bank, Goldman Sachs, Dresdner Kleinwort Wasserstein
HENGELER MUELLER (Frankfurt): Dr. Torsten Busch – aus dem Markt bekannt
INHOUSE Banken: nicht bekannt


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